- Der Zweck von Nachhaltigkeitsberichten besteht darin, dass Organisationen transparent über nicht-finanzielle Impacts kommunizieren.
- Allerdings sind die meisten Berichte langweilig und enthalten viele Worte um nichts, sowie Standardbilder.
- Trotzdem werden sie erstellt, da insbesondere Investoren und Shareholder die Existenz eines Berichts als entscheidend erachten, unabhängig vom Inhalt.
- Eine schnelle Überfliegung eines Berichts reicht aus, um zu bewerten, ob die Organisation ihre Verantwortung wahrnimmt oder nicht. Dabei sollte man darauf achten, dass das Geschäftsmodell beschrieben wird, relative Zahlen bezüglich der negativen Auswirkungen verwendet werden, ob konkrete Ziele einschließlich Kennzahlen und Maßnahmen genannt werden und wie die Auswahl der zu berichtenden Themen erfolgt ist.
Immer mehr Akteure, insbesondere in der Unternehmenswelt, beschäftigen sich mit dem Thema Nachhaltigkeit. Hier hat sich in den letzten Jahren enorm viel verändert und es verändert sich weiter. Basierend auf verschiedenen Umfragen großer Unternehmensberatungen ist das Thema Nachhaltigkeit eines der Top-Themen von Unternehmen. Der Hauptgrund dafür ist die beschlossene und zeitnah anstehende ausführliche Nachhaltigkeitsberichtspflicht. Ähnlich dem Finanzbericht wird sich nicht gerade mit Freudensprüngen auf diese Aufgabe gestürzt, weil es mit sehr viel Aufwand verbunden ist und anders als beim Finanzbericht nicht so einfach ist, woher die nötigen Daten kommen werden. Gleichzeitig wird auch jetzt schon einiges an Aufwand betrieben, um einen Nachhaltigkeitsbericht zu schreiben. Warum eigentlich?
In diesem Artikel möchte ich mit euch meine Gedanken zum Sinn und Zweck von Nachhaltigkeitsberichten darlegen und vielleicht ein paar Vorschläge anbieten, wie ihr schnell und ohne viel vom Nachhaltigkeitsbericht zu lesen, evaluieren könnt, wie wichtig das Thema Nachhaltigkeit für die entsprechende Organisation ist.
Seien wir ehrlich, die große Mehrheit der Nachhaltigkeitsberichte, sind super langweilig. Meistens höre ich nach wenigen Seiten auf zu lesen und fliege nur noch über die Seiten. Ein großer Einheitsbrei mit vielen Wörtern und random Stockfotos, die aufzeigen (sollen), wie wichtig das Thema Nachhaltigkeit für das entsprechende Unternehmen ist. Nichtsdestotrotz finde ich es richtig, dass Unternehmen berichten müssen. Warum? Weil diese Berichte der Kommunikation von nicht-finanziellen Informationen zu den Stakeholdern dienen und es sollte der Ort sein, an dem ich die nackte Wahrheit über die Lage der Organisation herausfinden kann. Also, wie viel (quantifiziert) negativen Impact die Organisation hat, damit ich fundiert entscheiden kann, ob ich mit dieser in Beziehung treten möchte oder nicht. Leider lese ich in den Berichten mehr von irgendwelchen Wildblumenwiesen vor der Produktionsanlage als positivem Impact für die Biodiversität als über die Anzahl an Quadratmetern an Boden, die für eben jene Anlage versiegelt wurden.
Lasst uns das Ganze etwas mehr aufdröseln. Dafür lohnt es sich, der Frage nachzugehen, was eigentlich der Sinn und Zweck von Nachhaltigkeitsberichten ist. In erster Linie verfolgen sie das Ziel, Transparenz herzustellen. Diese ist nötig, da für verschiedene Interessensgruppen nicht nur die finanzielle Leistung der Organisation von Bedeutung ist, sondern auch die Nachhaltigkeitsleistung. Ein klassisches Beispiel dafür ist die Schokoladenoder Kaffee-Produktion. Viele Menschen möchten ungern Schokolade kaufen, die durch Kinderarbeit hergestellt wurde oder für die der Regenwald abgeholzt wurde. Da aus einem Finanzbericht keiner der beiden Punkte hervorgeht, braucht es Nachhaltigkeitsberichte. Idealerweise (durchaus angelehnt an Finanzberichte) wird so sowohl eine Vergleichbarkeit zwischen Organisationen ähnlicher Art (beispielsweise in der gleichen Industrie) als auch innerhalb der Organisation auf der Zeitachse hergestellt, um zu evaluieren, ob sich die Organisation verbessert hat.
Basierend auf diesem ersten Zweck ergibt sich noch ein zweiter indirekter Zweck. Nämlich, einen Anreiz zu haben, nicht die negativen Impacts (bzw. Schadschöpfung) der Organisation zu verringern. Da sonst das Risiko besteht, dass Kunden oder andere Interessengruppen nicht mit der Organisation interagieren wollen (was sich dann auch auf die Finanzen des Unternehmens auswirkt). Diese Logik basiert auf der Idee des Stakeholder-Capitalismus (JFGI - zwinker).
Da ich versuche, solche Zusammenhänge immer visuell darzustellen, habe ich ein kurzes Modell erstellt, das ich “First and Second Order Purpose of Sustainability Reporting” nenne.

Es zeigt, dass das Hauptziel von Nachhaltigkeitsberichten die Transparenz und Vergleichbarkeit nicht finanzieller Aspekte ist. Allerdings führt der Wunsch, in der Öffentlichkeit gut dazustehen, dazu, dass die entsprechende Organisation nachhaltiger wird.
Obwohl es schwierig ist, eine fundierte Datenanalyse durchzuführen, da quantitative Daten auf Unternehmensebene nicht wirklich vorhanden oder zugänglich sind, glaube ich guten Gewissens, dass beide Ziele bisher nicht erreicht wurden.
Wenn das der Fall ist, warum machen sich dann so viele Unternehmen die Mühe, einen Nachhaltigkeitsbericht zu erstellen? Meiner Meinung nach liegt die Antwort auf diese Frage darin, dass die Existenz von Nachhaltigkeitsberichten für einen der mächtigsten Interessengruppen von Organisationen (Aktionären/Investoren) von Interesse ist. Die angewandte Logik lautet wie folgt: Wenn Organisation A einen Nachhaltigkeitsbericht hat, ist das Thema wichtig für A - sonst würde es sich nicht lohnen, so viel Aufwand und Geld in die Erstellung eines Berichts zu investieren. Wenn ich ehrlich bin, habe ich mich auch schon oft dabei erwischt, so zu denken, z.B. als ich den Nachhaltigkeitsbericht von Shell gelesen habe…
Es sollte klar sein, dass die Existenz von Nachhaltigkeitsberichten wenig mit der Nachhaltigkeitsleistung einer Organisation zu tun hat. Das gilt auch für die Anwendung von freiwilligen etablierten Standards wie GRI (hier möchte ich erneut Shell als Beispiel a# nführen), auch wenn diese Standards die vorher beschriebene Logik noch weiter verstärken. Nach dieser Feststellung, habe ich begonnen, eine Liste von Kriterien zu erstellen, die ich bei der Nachhaltigkeitsbewertung von Organisationen heranziehe.
das Geschäftsmodell einer Organisation. Hierbei ist es für mich wichtig zu klären, ob das Unternehmen grundsätzlich dazu beiträgt, eine nachhaltigere Welt zu schaffen oder ob es im Gegenteil eher umweltschädliche Praktiken verfolgt. Beispielsweise wird ein Ölkonzern immer umweltschädlich sein, unabhängig davon, wie sehr er sich bemüht, seine Praktiken zu verbessern.
Relative Zahlen. Diese ermöglichen es mir, die Nachhaltigkeitsleistung einer Organisation im Verhältnis zu ihrer Größe oder Branche zu bewerten. Zudem ist es für mich wichtig zu sehen, ob die Organisation ihre Zahlen zum Vorjahr vergleicht, um ihre Fortschritte transparent darzustellen.
Einbeziehung von Stakeholdern. Hierbei ist es für mich wichtig zu sehen, welche und wie die Organisation ihre Interessengruppen einbezieht und welche Maßnahmen sie ergreift, um deren Bedürfnisse und Anliegen zu berücksichtigen.
Wesentlichkeitsanalyse Dabei ist es für mich wichtig zu wissen, wie die Analyse durchgeführt wurde und welche Themen als wesentlich identifiziert wurden. Auch ist es für mich wichtig zu sehen, welche Themen nicht als wesentlich eingestuft wurden und warum.
Strategie für wesentliche Themen Dies beinhaltet Ziele, Indikatoren und Maßnahmen. Eine klare Strategie zeigt mir, dass die Organisation ihre Nachhaltigkeitsziele ernst nimmt und sich aktiv bemüht, diese zu erreichen und nicht nur erzählt wie wichtig das Thema ist.
Meine Vorgehensweise bei der Bewertung von Nachhaltigkeitsberichten ist derzeit folgende: Je mehr der genannten Kriterien erfüllt sind, desto ernsthafter nimmt die Organisation ihre Verantwortung wahr. Das Schöne daran ist, dass man in der Regel nicht viel lesen muss, um diese Punkte zu bewerten. Ein schnelles Überfliegen des Berichts reicht meist aus. Sind die genannten Kriterien nicht erfüllt, steht dementsprechend wenig in dem Bericht.